
Filmstill Quo vadis, Aida?
Quo vadis, Aida?
Filmabend | Do, 10.07.2025, 18 Uhr
Anlässlich des 30. Jahrestags des Genozids von Srebrenica lädt das Graz Museum zu einem Filmabend ein.
Gezeigt wird der vielfach ausgezeichnete Spielfilm Quo Vadis, Aida? (Bosnien/Herzegowina 2020, Regie: Jasmila Žbanić), der die Ereignisse vom Juli 1995 aus der Perspektive einer bosniakischen UN-Dolmetscherin erzählt. Der Film basiert auf wahren Begebenheiten und verknüpft historische Genauigkeit mit emotionaler Tiefe.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Jahresthemas „Stadt und Demokratie“ und in Verbindung mit der Ausstellung Die letzten Europäer. Jüdische Perspektiven auf die Krisen einer Idee statt. Sie thematisiert europäische Verantwortung, das Versagen internationaler Schutzmechanismen und die Bedeutung eines friedlichen, vielfältigen Miteinanders.
Programm:
17 Uhr: Führung durch die Ausstellung Die letzten Europäer
18 Uhr: Begrüßung durch Sibylle Dienesch (Direktorin, Graz Museum) und Einführung durch Heike Karge (Universität Graz, Leiterin Fachbereich Südosteuropäische Geschichte und Anthropologie)
Film
Quo Vadis, Aida? (Dauer: 100 Minuten, Originalfassung mit deutschen Untertiteln)
Im Anschluss: Austausch im Foyer und Innenhof
Link zum Trailer: https://youtu.be/Z0XJNHnGIwU
Der Film Quo Vadis, Aida? (Regie: Jasmila Žbanić, 2020) basiert auf den historischen Ereignissen rund um das Massaker von Srebrenica im Juli 1995, das vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) als Völkermord eingestuft wurde. Die Handlung ist inspiriert von der realen Geschichte von Hasan Nuhanović, einem bosniakischen Zivilisten, der als offizieller Dolmetscher für das niederländische UN-Bataillon (Dutchbat) in der UN-Schutzzone Srebrenica tätig war. Trotz seiner Funktion im UN-Stab konnte er nicht verhindern, dass seine Eltern und sein Bruder von den bosnisch-serbischen Truppen verschleppt und später ermordet wurden – ein symbolisches Beispiel für das institutionelle Versagen internationaler Schutzmechanismen.
Im Zentrum des Films steht die fiktive Figur Aida, die als Dolmetscherin für die UN fungiert und versucht, ihre Familie vor der Deportation und Ermordung zu bewahren. Der Film rekonstruiert die letzten Tage vor dem Fall der Stadt in einem engen erzählerischen Fokus, der die psychologische Belastung, die diplomatische Ohnmacht und die moralischen Dilemmata der Akteure sichtbar macht. In eindrücklicher Weise wird deutlich, wie politische Entscheidungsunfähigkeit, mangelnde militärische Handlungsbefugnis und institutionelle Verweigerungshaltungen in der UN-Kommandostruktur zusammenwirkten – und so den Weg für das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit 1945 bereiteten.
Srebrenica markiert nicht nur einen tiefen Einschnitt in der jüngeren Geschichte Südosteuropas, sondern auch einen zentralen Wendepunkt im völkerrechtlichen und moralischen Selbstverständnis internationaler Staatengemeinschaften. Der Genozid fand nicht im rechtsfreien Raum statt, sondern in einer Stadt, die von der UNO zur Schutzzone erklärt worden war und unter direkter internationaler Aufsicht stand. Gerade deshalb ist Srebrenica heute ein Sinnbild für das Scheitern internationaler Schutzverantwortung und ein Prüfstein für die Handlungsfähigkeit multilateraler Organisationen in Situationen massiver Gewalt gegen Zivilist*innen.