Arbeit entwerfen
Willst du oder musst du arbeiten?
Roboter arbeiten auf Feldern und in Küchen, in Kraftwerken, Bergwerken, Werkstätten und Fabriken. Sie arbeiten in Schulen, Spitälern und Altersheimen. Autonome Verkehrsmittel bewegen sich auf der Erde, im Wasser und in der Luft. Maschinen lieben und töten für uns – in Bordellen und auf den Schlachtfeldern unserer Kriege.
Künstliche Intelligenzen schreiben Computerprogramme, Zeitungsartikel und Gedichte, komponieren Musik, empfehlen die Vergabe von Bankkrediten und dir, was du damit kaufen sollst. Sie kaufen und verkaufen Aktien an den Börsen, jagen Verbrecher*innen, verfassen Verteidigungsreden für Gerichtsprozesse und empfehlen das Ausmaß von Bestrafungen.
Und das ist erst der Anfang.
Die industrielle Revolution der Datenfelder, die du erlebst, scheint den alten Traum der Menschheit wahr zu machen: uns von den Mühen der Arbeit zu befreien. Sie schenkt uns mehr Zeit füreinander und für unsere Kreativität.
Macht dich das nicht froh?
Industrielle Revolutionen – Vier gewinnt?
Es ist zur Gewohnheit geworden, Menschheitsgeschichte(n) in Etappen zu zerteilen, um deren große Erzählungen in verdaubaren Häppchen zu präsentieren. Keine Aufzählung großer Wendepunkte kommt ohne die neolithische Revolution aus. Sesshaftwerdung, Ackerbau und Viehzucht, Kornspeicher, religiöse Kultstätten, Mauern und Arbeitsteilung – gegenüber den Jäger*innen und Sammler*innen hat sich viel verändert. Kurz: Die ersten Vorformen heutiger Städte entstehen.
Doch es gibt nicht die eine neolithische Revolution und erst recht nicht als global getaktete synchrone Umwälzung. Während im Zweistromland die ersten Kulturen in majestätischen Städten blühten, waren andere Kulturen noch in stetiger Bewegung. So verhält es sich auch mit der industriellen Revolution. Sie ist zum prägenden Bestandteil menschlichen Lebens auf allen Kontinenten geworden, jedoch ohne eine einzige synchrone und kulturübergreifende Erscheinungsform. Aktuell drehen sich große Erzählungen um die industrielle Revolution 4.0. Wie das?
Auf der Hannover Messe 2011 erblickte der Begriff Industrie 4.0 das Licht der Öffentlichkeit. Es gibt also auch noch deutschsprachige Wortschöpfungen in der anglophonen Digitalisierungsmühle. Industrie 1.0 bildet demnach die erste Etappe, in der sich Arbeitswelten ab ca. 1800 massenhaft durch den Einsatz von Dampfmaschinen verändert haben. Die nächste Etappe ist um 1900 mit elektrisch betriebenen Kraftmaschinen erreicht (Industrie 2.0). Automatisierung auf Grundlage digitaler Computer verändert Produktionsprozesse, Berufsbilder und Arbeitsleben seit den 1970er-Jahren. Industrie 3.0 schließt Fertigungsroboter oder CNC-Fräsen ein. Schlussendlich ist die Phase 4.0 mit der dezentralen Vernetzung von Teilsystemen erreicht. Stand Industrie 3.0 für die Digitalisierung der Fertigung, so geht es bei Industrie 4.0 um die Integration aller Systemkomponenten in einer umfassenden Summe einzelner Einheit. Logistik und Fertigung, Warenbeschaffung und Auslieferung, aber auch Forschung und Entwicklung – in all diesen Bereichen werden Datenströme zu einem einzigen Datenfeld verdichtet. Doch was passiert, wenn sich jemand da hineinhackt? Dann ist nicht mehr nur eine Maschine betroffen, sondern gleich ein ganzes Unternehmen. Muss es immer gleich 4.0 sein, oder reichen nicht auch bedachte Zwischenstufen, sozusagen 3.2 oder gar nur 2.4? Zuletzt: Warum sprechen wir überhaupt von einer industriellen Revolution, wo es doch eigentlich bloß eine konsequente Weiterentwicklung der neolithischen Revolution in nunmehr smarten Städten ist?